Schöne Bilder: Tristan und Isolde, wurde in der Inszenierung von Roland Schwab nur viermal gezeigt.

Tristan – schon wieder am Ende

Egal, was kommt: Diese Inszenierung von „Tristan und Isolde“ bei den Bayreuther Festspielen geht in die Geschichte ein – als die am wenigsten oft gespielte. Viermal nur stand das Stück in der Inszenierung von Roland Schwab auf dem Spielplan. Es war sozusagen der „Corona-Tristan“. 2022 wurde “Tristan und Isolde” kurzfristig als möglicher „Lückenfüller“ ins Programm aufgenommen und deshalb innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft. Überraschung: Diese  ruhige Produktion kam extrem gut an beim Publikum, weshalb es 2023 wieder aufgenommen wurde. Der vor Jahren entworfene Spielplan hatte einen neuen „Tristan“ eigentlich 2023 vorgesehen. Dieser kommt jetzt 2024 – und dabei bleibt es auch.

“Gefühle im Fokus”

Für diese Neuproduktion ist dann wieder wie üblich eine lange Vorbereitungszeit gegeben. Das war in diesem Corona-Tristan freilich nicht der Fall. In wenigen Wochen lässt sich kein aufwendig durchgestyltes Werk auf die Bühne bringen. Regisseur Roland Schwab beklagt das auch gar nicht, wie im interessanten Interview im Programmheft nachzulesen ist: „Unser Vorhaben ist anachronistisch. Unbedingt! Ich will zwar Eskapismus erreichen, aber ich leiste mir inszenatorisch keine Eskapismen. Ich lenke nicht ab, ich will eine große Ehrlichkeit auf der Bühne. Die Darsteller sind mit ihren Gefühlen absolut im Fokus. Ich ironisiere keine Gefühle. Ich lasse diese Vehemenz von Gefühlen zu. Wenn man so will, kann man im heutigen Kontext auf die Produktion wie auf ein Ufo schauen. Sind die Protagonisten extraterrestrische Wesen? Wie stehen sie zu uns?“, fragt Schwab in diesem Interview von 2022. 

Und so lässt sich vom Zuschauerplatz aus eintauchen in diese Emotionen, die bekanntermaßen mit dem Tod enden. Der Raum für große Gefühle befindet sich in der Mitte der Bühne. Es ist eine Lichterfläche, in die die Begleiter der Hauptpersonen nicht eintreten. Sie bleiben am Rande, sie umkreisen quasi das große Gefühlsmeer. Das leuchtet zu Beginn in schönstem Blau, dann färbt es sich langsam blutrot, nämlich, als Isolde den Plan schmiedet, Tristan mit einem Trank zu töten (siehe Beitragsbild oben, © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele)

Das misslingt bekanntlich. Beide stehen nun in der Mitte des Raumes, der nun zum wirbelnden Sog wird. Beide stürzen sich nur zu gerne hinein in die Wucht der Liebe. 

Sänger benötigen viel Kraft

Es sind schöne Bilder, die einzig durch Licht und sparsam eingesetzte Requisiten wie Wellnessstühle bei der Überfahrt oder üppig rankendes Grün im dritten Aufzug, erzeugt werden. Wenn man eingangs nicht auf den Besetzungszettel gesehen hat, horcht man auf ob der edlen Stimme des Kurwenal –  es ist Markus Eiche, der auch in dieser relativ kleinen Partie  überzeugt. Auch Christa Mayer als Brangäne begeisterte neuerlich, wie bereits in der Vorgänger-Produktion, die Festspielintendantin Katharina Wagner auf die Bühne brachte – und an die die Schwab-Inszenierung sehr stark erinnert. Bei den 30 Aufführungen zwischen 2015 und 2019 stand Christian Thielemann am Pult. Schade, dass Markus Poschner hier diese Balance zwischen Ekstase und Zurückhaltung nicht so gut gelingt. Stattdessen fordert er in Teilen den Sängerinnen und Sängern viel Kraft ab, sich gegen ein tosendes Orchester zu stemmen. Catherine Foster als Isolde gelingt das freilich ohne Probleme, während Clay Hilley – Einspringer in der Titelpartie – hier nicht so ganz überzeugen kann. In tieferen Lagen ist er kaum verständlich, einzig, wenn er kraftvoll in der Höhe glänzen kann, füllt seine Stimme den Saal. Die Probleme mögen aber vielleicht auch daher rühren,  dass er sehr viel liegen, sitzen oder knien muss. Nicht die optimale Position für die anstrengende Partie.

Eine Szene aus Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen 2023.
Groß die Gefühle, schlicht die Kostüme: Catherine Foster als Isolde, Clay Hilley als Tristan. © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Auch Georg Zeppenfeld hat man als König Marke schon nobler gehört, weil er gegen viel Orchester ansingen muss, ebenso wie Olafur Sigurdarson, der die kleine Partie des Melot übernommen hat. Das tat er übrigens aus dem Grund, weil er so gerne in Bayreuth singt, wie er im Interview gut gelaunt begründet hatte, warum er neben Alberich im „Ring des Nibelungen“ auch die beiden Melot-Auftritte, die Biterolf-Partien in Tannhäuser sowie die des Amfortas in der Kinderoper angenommen hat.

Das Publikum der zweiten und letzten von insgesamt vier Vorstellungen in zwei Jahren (13. August 2023) feiert begeistert die wenigen Ausführenden, zu denen noch Raimund Nolte als Steuermann und Siyabonga Maqungo als Junger Seemann gehören.

Immerhin: Tristan und Isolde bekam 2022 die Ehre des “Premierenstücks” und wurde aufgezeichnet. Am Ende ist es aber doch ganz gut, dass es das Stück jetzt genauso Geschichte ist wie die Corona-Einschränkungen.

Nächstes Jahr gibt es eine Neuproduktion von „Tristan und Isolde“ Regie führt Thorleifur Örn Arnarsson, es dirigiert Semjon Bychkov. Andreas Schager und Camilla Nylund singen die Titelpartien. Das hatte Festspielintendantin Katharina Wagner bei der Pressekonferenz zu Beginn der Bayreuther Festspiele bekannt gegeben (hier geht es um Bericht davon).

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