Was für eine Feier. Als am Freitagabend mit der „Götterdämmerung“ der zweite Ring der Bayreuther Festspiele 2015 beendet wird, kocht der Zuschauerraum. Und schuld daran ist nicht ausschließlich die Hitze, die ausgerechnet am längsten Wagner-Tag zum Höhepunkt ansetzt.
Orchester auf der Bühne
Wegen dieser Temperaturen fühlt sich im Vorfeld eine bevorstehende „Götterdämmerung“ als eine Art “Höchststrafe” an. Mehr als sechs Stunden in dieser Gluthitze! Doch am Ende ist die Hitze vergessen. Die “Götterdämmerung” ist auch im zweiten Zyklus des “Ring des Nibelungen” bei den Bayreuther Festspielen ein Ereignis zu dem der Jubel-Sturm tobt. Wenn am Schluss erstmals auch das gesamte Festspielorchester auf der Bühne versammelt ist, wird einem obendrein bewusst, was für ein gemütliches Plätzchen doch das enge Parkett des Festspielhauses ist, im Vergleich zum Orchestergraben, der so eine Art Vorstufe zur Hölle sein muss — laut und heiß. Dass die Musikerinnen und Musiker nicht nur respektable, sondern umwerfende Leistungen erbracht haben, zeigt einmal mehr, wie hier Begeisterung und Professionalität vereint sind.
Vorsingen für Ring 2020
Dass Festspielleiterin Katharina Wagner gestern nicht zur Ehrung für 15 Jahre Festspielmitwirkung ins Bayreuther Rathaus kam, ist heute sogar der Deutschen Presseagentur eine Meldung wert. Sie hatte übrigens nie ihre Teilnahme zugesagt. Denn in ihrem Terminplan war der 14. August vormittags längst mit „Vorsingen“ blockiert. Es geht um die großen Partien im Ring 2020. Eine Ehrung kann darum schon einmal auf Platz zwei einer Prioritätenliste fallen.
Jubel für die Neuen
Für Bayreuth das Beste — daran wird heftig gearbeitet. Und zeigt sich ja bereits bei diesem „Ring“. Die Umbesetzungen mögen vielleicht menschlich nicht so richtig nett gewesen sein, doch dem Ring haben die “Neuen” immens gut getan. Stefan Vinke als Siegfried ist ein riesiger Gewinn, mindestens ebenso wie der neue Hagen mit Stephen Milling — zurecht am Ende per gefühltem Applausometer Sieger des Abends. Dicht gefolgt von Catherine Foster, der Brünnhilde. Sie geht in diesem Jahr so richtig in ihrer Rolle auf. Großartig ihr Auftritt im Goldgewand, in dem sie aus dem Pulk der Hinterhältigkeiten heraussticht. In ihrer Stimme liegt die komplette Gefühlspalette: Enttäuschung über Wut bis tiefe Einsamkeit — und zum Aufbruch ins Neue am Ende.
Dann sind mehr als sechs Stunden vorbei und man mag es nicht wahrhaben, dass auch dieser phantastische Schluss, den nur ein Wagner so hinbekommt und in dem man — Filmspektakel auf der Bühne hin oder her — schwelgt, irgendwann einen letzten Akkord hat. Jammerschade. Als sich der Vorhang dazu schließt, gibt es nicht einmal Buhs wie am Ende des “Siegfried”. Einen kurzen Augenblick herrscht Ruhe, bevor der Jubel losbricht.
Der Regisseur ist ohnehin nicht da. Frank Castorf, der Siegfried an der „Döner-Box“ und vor trister Hinterhofkulisse von Hagen erschlagen lässt, war nur zur Premierenwoche in Bayreuth und ist längst wieder abgereist.
Diesmal keine Buhs
So wird ausschließlich getrampelt, Bravo gerufen, geklatscht, dass die Hände brennen, als sich schließlich die Mitwirkenden-Reihe zeigt — angefangen von den wundervollen Rheintöchtern über den wie immer großartigen Chor bis hin zu den Solisten und natürlich dem Orchester.
Über allen Jubel-Kategorien thront Krill Petrenko, der wieder verhalten hinter dem Vorhang hervorspitzt, und die Leute förmlich von den Stühlen reißt. Er wird gefeiert. Es wird gefeiert in Bayreuth.
BR Klassik sendet am Samstag, 15. August, den Live-Mitschnitt der diesjährigen Premiere von Götterdämmerung. Mehr Info: http://www.br.de/radio/br-klassik/programmkalender/sendung-998348.html