Festakt für Wolfgang Wagner

Wolfgang Wagner – ein „großer Realist“

Glücklich, wer zu Freunden oder Förderer der Bayreuther Festspiele gehört, oder gar der Familie Wagner entstammt, Bundeskanzlerin ist oder mit Wolfgang Wagner verbunden war. Sie alle waren zum Festakt anlässlich Wolfgang Wagners 100. Geburtstag, den er im August feiern würde, am Vorabend der Eröffnung der Bayreuther Festspiele eingeladen. 

Unterm Strich: Sehr persönliche Reden umrahmt von einem wahren Best-of-Konzert. Nicht nur Best-of Richard Wagner, sondern Wolfgang Wagner: Meistersinger, Tannhäuser, Walküre und am Ende ein ganz persönliches Tribut der großen Sängerin Waltraud Meier, die  „mild und leise“ für einen größten Gänsehautmomente des Abends sorgte. Das ist natürlich der Anfang von Isoldes Liebestod, und genau so kam Waltraud Meier auch auf die Bühne, nachdem das knisternde Vorspiel von „Tristan und Isolde“ verklungen war. Sie kam, sang und bewegte.

„Der beste Assistent“

Solche Momente sind freilich unmöglich ohne ein perfekt geführtes Festspielorchester: Christian Thielemann unterstrich einmal mehr seine überragende Position in Sachen Wagner. Und der Musikdirektor der Bayreuther Festspiele erzählte außerdem sehr persönliche Erinnerungen an  Festspielleiter Wolfgang Wagner. Der sei der „beste Assistent“ gewesen in dem Sinne, in diesem „Schaumbad von Klang im Graben“ zurechtzukommen, und etwas dem subjektiven Empfinden, das der Dirigent im verdeckten Orchestergraben hat, eine Menge Erfahrung entgegenzusetzen. Also: Wenn Herr Wagner sagte, es sei zu laut, dann war es das; wenn Herr Wagner lobte „das war flüssig dirigiert“, stimmte das Tempo. So kurzweilig und selbstverständlich wie Thielemann das erzählte, könnte man das auch als Ansprache an alle Bayreuth-Neulinge verstanden haben. 

Das Bühnenbild zeigte diesmal kein wertvolles Gemälde wie beim Festakt zum 200. Geburtstag von Richard Wagner (Anselm Kiefer), vor blauem Hintergrund waren diesmal Kostüme drappiert, die eng mit der Ära Wolfgang Wagner verknüpft und übrigens ein Teil der großen Ausstellung „Der Prinzipal“ im Richard Wagner Museum sind, die gerade eröffnet wurde. (Mehr darüber demnächst hier bzw. auf der Homepage des Richard Wagner Museums.

Das Lieblingwerk seines Großvaters Richard war für Wolfgang Wagner die „Meistersinger von Nürnberg“. Dreimal hat er es selbst inszeniert, weshalb mit dem Vorspiel des Werks der Abend eröffnet wurde.

Deutlich wurde in der Begrüßungsrede von Katharina Wagner, jüngste Tochter und Nachfolgerin in der Festspielleitung, dass sie sein Vermächtnis nicht bewahren, sondern weiterentwickeln will. Neues ist ausdrücklich erwünscht, auch wenn es vielleicht nicht die eigene Ansicht widerspiegelt. Daher auch die Reminiszenzen an Götz Friedrich oder Patrice Chereau in den Kostümen. Was bleibt, resümierte Katharina Wagner, bei allen guten und weniger guten Erinnerungen, die manche im Saal hätten, ist eine „fast 60-jährige Tätigkeit als Festspielleiter“, sagte sie. Und die waren geprägt von seiner größten Eigenschaft, als „großer Realist“. 

„Weltlicher Sokrates“

18 Jahre lang hat Ioan Holender als Direktor die Wiener Staatsoper geleitet und geprägt und als solches natürlich den Kollegen Wagner kennengelernt. Holenders Festrede so etwas wie eine große Verneigung vor einem Lebenswerk eine „weltlichen Sokrates“, als den er Wolfgang Wagner beschrieb. Und erinnerte sich an die letzten „Meistersinger“ aus der Regie von Wolfgang Wagner. 2002 war das und der Applaus dauerte beinahe eine Stunde. Man ahnte, dass es Wagners letzte Vorstellung einer eigenen Inszenierung gewesen sein sollte. 

Auch Bayerns Wissenschafts- und Kunstminister Bernd Sibler hatte Wagner und dessen Idee der Bayreuther Festspiele noch „erspürt“, wie er voller Respekt erzählte. Der Festakt, scherzte er, ist – wie man unter Sportlern sagt – im wahrsten Sinne des Wortes „zum Einschwitzen“. Tatsächlich waren nicht nur die Zuhörer, sondern vor allem die Aufführenden wirklich gefordert, der Hitze zu trotzen. Die musikalischen Leistungen waren dennoch wie die Temperaturen – auf Spitzenniveau. Stephen Gould und seine „Rom-Erzählung“ machten Appetit auf die Premiere „Tannhäuser“. Mehr will man unbedingt von Günther Groissböck hören, der im Ring 2020 sein Debüt als Wotan im gesamten Werk gibt. Zum Festakt gab es als Vorgeschmack „Wotans Abschied“ und den „Feuerzauber“ aus Walküre.  

Schade, dass dieses Konzert nicht übertragen wurde – so blieb es „nur“ allen Freunden, Förderern und eben jenen rund 1500 im Bayreuther Festspielhaus.

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