Lohengrin Bayreuther Festspiele Schlussapplaus Orchester

“Abschiedsparty” für Thielemann

Woran erkennt man, dass eine Vorstellung richtig gut läuft? Am Eindruck, dass alles fließt, dass alles passt – Übergänge, Tempi, Zusammenspiel, und sogar das Publikum. In der letzten Lohengrin-Aufführung bei den Bayreuther Festspielen (22. August 2022) passiert während der Vorstellung im Saal teils auffällig nichts  –  kein lautes Husten und Niesen, das leise Stellen durchdringt, kein Schuh, der auf den Holzboden kracht. Alles ist im Flow. So geschehen bei diesem Ende von Lohengrin, das auch eine Art Abschiedsparty für Christian Thielemann war.

So lag Wehmut in dem Jubel nach dieser Vorstellung. Man mochte sich gar nicht richtig vorstellen, dass das ein Ende sein soll – nicht nur von der Inszenierung und der wunderbaren Bühne von Neo Rauch und Rosa Loy. Das Künstlerpaar trat am Ende ebenfalls nochmals vor den Vorhang. Sondern eben zunächst auch von Christian Thielemann, dem Rekord-Dirigenten Bayreuths (hier eine Rangliste). Seit 2000 hat er (mit einem Jahr Unterbrechung) bei den Bayreuther Festspielen alles dirigiert, was im Festspielhaus möglich ist: den Kanon aller Wagner-Opern, Beethovens 9., Sonderkonzerte. Insgesamt über 180 Vorstellungen. Das macht ihm so schnell niemand nach.

Aber neue Pläne zwischen den Bayreuther Festspielen und Christian Thielemann sind aktuell nicht bekannt. So scheint auch er an diesem letzten Lohengrin-Abend jeden einzelnen Takt auszukosten. Orchester und Sänger folgen nur allzu willig bis hinein in den leisesten Ton und hinauf bis zur vollen Wucht. Als Beispiele seien hier nur das fulminante Ende des zweiten Aktes genannt, nach dem man nachgerade erschlagen von dieser Perfektion in die Pause torkelt; oder der berühmte Reitermarsch, ein Spektakel aus Bühnenmusik und Orchester im Graben, das Thielemann mit voller Kraft zu einem geradezu süchtig machenden großen Ganzen zusammen fügt. 

Orchester-Applaus für Thielemann

Immerhin: Mit dem Orchester-Applaus bekommt Thielemann einen versöhnlichen Abschluss. Denn nur einmal pro Saison wird das Orchester samt Dirigent nach der Vorstellung auf die Bühne gebeten (siehe Beitragsbild). Entsprechend begehrt ist dies Ehre, die Lohengrin und Christian Thielemann verdientermaßen genießen. Seltener indes ist, dass die Musikerinnen und Musiker bei dieser Gelegenheit nicht nur den Beifall des Publikums entgegennnehmen, sondern selbst herzlich applaudieren – dem Dirigenten des Abends. Als der Vorhang aufgeht und die „zivil“ gekleideten Orchester-Mitglieder zu sehen sind, gibt es schließlich auch auf den Plätzen im Festspielhaus kein Halten mehr. Standing Ovations für Orchester und Dirigent.

In der Galerie wird weiter gejubelt

Gut 20 Minuten dauert der Jubel. Und auch nach X neuen Vorhängen, vollem Licht im Saal und sich leerenden Reihen im Parkett will in der Galerie der Jubel kein Ende nehmen, so lange, bis  die großartigen Sänger samt Dirigent noch einmal vors Publikum treten und verdientermaßen ihren Erfolg auskosteten für diese spektakuläre Qualität, die sie an diesem Abend geboten und sich selbst übertroffen haben (hier geht es zum Eindruck der zweiten Aufführung Lohengrin: Große und ganz große Wucht).

Unter besonderen Bedingungen läuft Thielemann zur Höchstform auf. Zu erleben war das im Vorjahr, als er mit Parsifal konzertant das Festspielhaus geradezu rockte. Jetzt setzt er zum  Schluss ein weiteres musikalisches Ausrufezeichen: Schaut her, so geht’s!

Große Oper.

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