Das Bild gehört zur Bilanz zur Halbzeit bei den Bayreuther Festspielen 2017

Halbzeit: Zweieinhalb Krankheiten, kein Skandal

Mit „Siegfried“ steht heute (Freitag, 11. August) die 15. Vorstellung der Bayreuther Festspiele 2017 auf dem Spielplan. 30mal werden Werke von Richard Wagner in einer Festspielsaison gespielt. Das heißt:  Halbzeit der Bayreuther Festspiele. Die Bilanz: Zweieinhalb Krankheiten, ein Jubiliäum, kein Skandal – vom skandalös launischen Wetter abgesehen.

Es gilt der Kunst

So eine Bilanz gefällt auch Peter Emmerich, Pressesprecher der Bayreuther Festspiele, nämlich dass erstmals seit Jahren wieder  ausschließlich „die künstlerische Auseinandersetzung und die Aufführungen von Wagners Werken das eigentliche Geschehen bestimmen“. Tatsächlich wird über die Qualität dessen diskutiert, was auf der Bühne und im Orchestergraben passiert. Und da hat Emmerich „Enthusiasmus und Freude“ beim Publikum wie in der Kritik ausgemacht. Klar habe es  kritische Stimmen gegeben,  „das gehört auch unbedingt dazu“, betont der Pressesprecher. Doch auch hier habe es sich um fundierte Auseinandersetzungen gehandelt. Endlich gilt’s wieder der Kunst in Bayreuth.

Zweieinhalb Krankheiten

Das Wechselspiel Hitze-Regen-Kälte hat erstaunlicher- und natürlich erfreulicherweise auch keine Sängerstimmen außer Gefecht gesetzt. In der Premierenwoche musste sich lediglich der Bassbariton Karl-Heinz Lehner krank melden und erhielt zwei Nobel-Vertretungen: Bei der Premiere von „Die Meistersinger von Nürnberg“ am 25. Juli sang Georg Zeppenfeld aus dem Orchestergraben den Nachtwächter; Günther Groissböck sprang zwei Tage später in „Parsifal“ als „Titurel“ ein. Mittlerweile ist Lehner aber wieder „am Amt“.

Nach von Publikum und Kritik gefeiertem Dirigat der Parsifal-Premiere musste sich Hartmut Haenchen für die zweite Vorstellung am 5. August  krank melden. Es übernahm Ring-Dirigent Marek Janowski – auch für ihn und sein Debüt in Bayreuth gab es riesigen Jubel. Bei Parsifal IV am kommenden Montag (14. August) ist Haenchen voraussichtlich wieder einsatzbereit, zumindest sei zum jetzigen Zeitpunkt nichts anderes bekannt, so Pressesprecher Emmerich.

Und die halbe Krankheit bedeutete keinen Ausfall: Michael Volle ließ bei den dritten Meistersingern vorsichtshalber beim dritten und für ihn besonders fordernden Akt ankündigen, er kämpfe mit einer Erkältung. Übereinstimmenden Berichten zufolge sang Volle aber seinen Hans Sachs so überzeugend kraftvoll und ohne jeglichen Hänger wie zuvor.

Und dann gab es noch ein Jubiläum zu feiern: Mit Tristan III hatte  Christian Thielemann sein 150. Dirigat bei den Bayreuther Festspielen beendet. Rein rechnerisch gesehen hat er damit fünf Spielzeiten durchdirigiert (pro Saison 30 Vorstellungen). Tatsächlich braucht es für 150 Vorstellungen natürlich mehr Zeit: 17 Jahre bzw. 16 Festspielzeiten, denn ein Jahr, das war 2011, dirigierte der Maestro nicht bei den Bayreuther-, sondern bei den Salzburger Festspielen.

Aufreger der Saison 2016: die strengen Sicherheitsvorkehrungen. In diesem Jahr sind sie kaum noch der Rede wert, Polizeiabsperrungen und Sicherheitsdienst gehören zum gewohnten Bild auf dem grünen Hügel. Im internen Bereich des Festspielgeländes sind die Mitwirkenden jetzt nicht mehr ständiger Kontrollen ausgesetzt. Die örtliche Sicherheitsfirma hat die Lage besser im Griff. Den einen oder anderen Ärger gibt es noch beim weiblichen Festspielpublikum, das mit mittlerem Reisegepäck als Handtasche ins Festspielhaus möchte. Keine Chance: Während man in anderen Opernhäusern noch mit Tüten und Taschen bepackt den Eingang passieren darf, wird man bzw. frau mit dem Maßstab konfrontiert: Jede Tasche, die größer als Din-A-4 ist, muss zum Sicherheitscontainer im Festspielpark gebracht werden. Das sorgte vereinzelt für Diskussionen.

Abmahnungen für Kartenhändler

Die Kanzlerin war auch diesmal wieder bei der Premiere in Bayreuth, dazu Königin Silvia und König Carl Gustav von Schweden. Die Premiere war verregnet. Die Halbzeit ist es auch.

Ansonsten alles ruhig: Die Meistersinger werden gefeiert, die Karten gehen weg wie warme Semmeln. Der Schwarzmarkt hadert lediglich mit mancher Ring-Karte. Doch freie Plätze im Festspielhaus – Fehlanzeige! Davon war auch nicht auszugehen: „Die Bayreuther Festspiele sind ausverkauft“, verkündete Holger von Berg, kaufmännischer Direktor, schon zu Beginn der Saison. Bei der Pressekonferenz in der neuen Ring-Lounge des Festspielhauses in Bayreuth sprach er auch an, dass die Festspiele noch im Juli Karten offiziell auf den Markt gegeben hatten und bestätigte, dass dies durchaus ein gegen die Schwarzmarkt-Händler gerichteter Schritt gewesen sei. Denn Traumpreise werden nach wie vor für die Tickets verlangt und oft erzielt. Allerdings droht bei einer Versteigerung im Internet zum Höchstpreis, dass die Karte ungültig wird. Einige Abmahnungen, so von Berg, hätten die Festspiele deshalb schon ausgesprochen.

Traditionsbruch 2018

Zur Halbzeit hoffen natürlich alle, dass die Gesundheit der Mitwirkenden stabil bleibt und das Wetter es endlich wird. Wann der Spielplan 2018 bekannt gegeben wird – letztes Jahr wurde er zur Premiere veröffentlicht – ist noch unklar. Fest steht jedoch schon jetzt: Es gibt einen Traditionsbruch, die Bayreuther Festspiele dauern nächstes Jahr länger. Statt 30 stehen 32 Aufführungen auf dem Spielplan; die Saison endet dann nicht wie seit Jahrzehnten am 28., sondern erst am 29. August. Als Grund dafür nennt Pressesprecher Peter Emmerich die drei Walküre-Aufführungen.

Spielzeit endet am 29. August 2018

Placido Domingo wird diese drei Extra-Walküren dirigieren; der Rest des „Ring des Nibelungen“ aus der Regie von Frank Castorf geht in diesem Jahr bereits in den Ruhestand. 2018 wird unseren Infos nach Catherine Foster auch das sechste Jahr in Folge die große Brünnhilde in Bayreuth geben. Die Ankündigung, Matthias Goerne werde Wotan singen, ist mittlerweile revidiert, ein neuer Name nicht genannt.

Christian Thielemann dirigiert 2018 Tristan und die Neuinszenierung „Lohengrin“, in der Roberto Alagna und Anja Harteros die Titelpartien singen und Waltraud Meier, die von 1983 bis 2000 zur Stammbesetzung in Bayreuth zählte, als Ortrud ein Bayreuth-Comeback nach 17 Jahren feiert (hier zum Bericht von der Pressekonferenz der Bayreuther Festspiele am 24. Juli). Außerdem übernimmt Günther Groissböck 2018 die Partie des Gurnemanz in „Parsifal“ von Georg Zeppenfeld, der wiederum in der Premiere „Lohengrin“ König Heinrich singt und sich außerdem die Rolle des König Marke in Tristan und Isolde mit René Pape teilt.


Beitragsbild oben: Szene aus „Siegfried“ mit Stefan Vinke als Siegfried und Andreas Conrad als Mime vor dem riesigen Mount Rushmore von Bühnenbildner Aleksandar Denic. © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.