Auch bei „Die Walküre“ zeigt sich, dass die Regie von Valentin Schwarz im Laufe der Jahre an einigen Stellschrauben gedreht hat. So wird nun klar, dass Freia nach ihrer Erniedrigung im Rheingold selbst den Freitod wählt – mit der Pistole, die am Ende auf ihren Kopf gerichtet ist. Mit diesem Wissen erschließt sich das Eröffnungsbild im zweiten Akt von Walküre mit der Show-Beerdigung der Verblichenen. Erneut wird hier klar. Niemand hat hier echte Emotionen.
Zwischen Keller und Schönheitssalon
Aber zunächst geht es in eine ganz andere Welt – weg aus der schönen Villa hinunter in einen Hausmeisterkeller, in dem die Technik versagt und die Figuren gegen ihre Umgebung ankämpfen. Hier steht Sieglinde im Zentrum – die wohl umstrittenste Figur des Rings in Valentin Schwarz‘ Inszenierung. Er zeigt sie als als zerschundene, hochschwangere Frau, ärmlich gekleidet und gebrochen. Jennifer Holloway füllt diese Rolle mit großer Intensität: eine verzweifelte, verletzte Frau, die dennoch auflebt, als sie Siegmund begegnet – eindrucksvoll gesungen von Michael Spyres.
Hinreißend ist die Szene des Wiedererkennens, das mit den „Winterstürmen“ ins einstige Kinderzimmer der Zwillingsgeschwister führt.
Vitalij Kowaljow, der einen sehr, sehr grimmigen Hunding singt und verkörpert, ist eine weitere Neuentdeckung dieser Saison. Ein kurzes, aber vielversprechendes Debüt in Bayreuth nach dem Auftritt beim Festspiel-Open-Air.
Auch die göttliche Ebene überzeugt: Tomasz Konieczny gewinnt als Wotan weiter an Statur, Christa Mayer entfaltet in der Rolle der Fricka ihre volle Kraft, als sie den Gemahl zwingt, Siegmund den Kampf gegen Hunding verlieren zu lassen.
Später, in der Götterdämmerung als Waltraute, wird sie noch einmal glänzen.
Requisiten mit Symbolkraft
Eine Konstante durchzieht das Regiekonzept: die Decke. Zunächst schützt sie Freia, dann Sieglinde, als Wotan sie auf der Treppe schändet. Schließlich hüllt sie Sieglindes Kind, den neugeborenen Siegfried, ein. Nett, aber am Ende auch ohne weitere Bedeutung.
Umso stärker wirkt der Auftritt der Lieblingstochter Brünnhilde, die gut gelaunt und überschwänglich in die Szene platzt. Catherine Foster ist von der ersten Sekunde an Brünnhilde pur: charismatisch, spielfreudig, energiegeladen – und stimmlich überragend.
Das Walküren-Finale spielt nicht auf dem Felsen, sondern in einem Schönheitsinstitut. Hier lassen sich die Walküren „verschönern“, bevor Brünnhilde mit Sieglinde und dem Baby erscheint. Der große Abschied zwischen Wotan und Brünnhilde bleibt das Herzstück dieser Ring-Oper – eine Szene, die jedes Mal mitten ins Herz trifft.
Jubel für Ensemble und Konzept
Wie schon beim Rheingold gibt es am Ende Riesenjubel für das gesamte Ensemble. Bemerkenswert ist die durchgehend starke Besetzung, darunter auch neue Stimmen auf dem Grünen Hügel. Eine erfreuliche Entwicklung: Bayreuth setzt nicht nur auf große Namen, sondern öffnet die Bühne für Talente – und die nutzen ihre Chance.
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