Schluss der Walküre: Der Feuerring, der sich allerdings nicht um Brünnhilde legt. (Foto: Enrico Nawrath, Bayreuther Festspiele)

Walküre: Glanz nach Art Alt-Bayreuth

Schluss der Walküre: Der Feuerring, der sich allerdings nicht um Brünnhilde legt. (Foto: Enrico Nawrath, Bayreuther Festspiele)

Sängerische Höchstleistungen, grandiose Musik aus dem Orchestergraben, ein Bühnenbild, das nicht weiter verstört – so mag der klassische Wagnerianer sein Bayreuth. So, wie’s früher war… Und genau nach diesem Gusto serviert Frank Castorf die „Walküre“. Das Publikum tobte vor Begeisterung am Montagabend, einiges länger noch als beim Ring-Auftakt „Rheingold“ am Vortag.

Die Begeisterung galt aber vor allem und zurecht dem musikalischem Personal: Anja Kampe als Sieglinde fiel beim Schlussapplaus vor Freude ihrem Siegfried Johan Botha um den Hals. Beide hatten ein feines Paar abgegeben. Und auch wenn Botha einfach nicht spielen mag, singen kann er. Mit Anja Kampe hat er eine umso quirligere und stimmlich hinreißende Sieglinde an der Seite. Sicher schraubt sie ihre Stimme in Höhen, in denen gern das Ohr strapaziert wird. Nicht bei ihr: kein Pressen, das zum gefürchteten Kreischen wird. Diese Verzweiflung, diese Angst – sie war echt und in keiner Sekunde übersteigert. Großartig.

Verdienten Jubel bekam auch das nächste Paar ab: Wolfgang Koch als Wotan und Catherine Foster als Brünnhilde. Sie und das Orchester trennten lediglich beim ersten Hojaho musikalische Geschwindigkeiten. Das kann aber daran liegen kann, dass die Brünnhilde beim ersten Einsatz hoch oben auf der aufwendigen Bühnenkonstruktion, die den Beginn des Ölzeitalters in Aserbaidschan Anfang des 20. Jahrhunderts nachzeichnet und 1942 endet, platziert ist und darum vielleicht nicht sofort in Einklang mit den Tönen aus dem Graben kommt. Nach wenigen Takten ist’s vorbeit; Stimme und Orchester bleiben für den Rest des Abends ein harmonisches Ganzes. Catherine Foster ist eine tolle, nicht nur stimmstarke, sondern auch kämpferische Brünnhilde, die dem Willen von Papa Wotan keineswegs unterwürfig untertan ist.

Damit macht sie den Göttervater freilich ziemlich wütend – und das ist gut so. Denn Wolfgang Koch hat die besten Momente, wenn er richtig sauer ist. Über die Tochter, über den Widerstand, über seine Töchter in Walhall. Kochs Bass überzeugt einzig in den tieferen Lagen nicht recht. Sein Toben jedoch ist ganz große Oper.

Den berühmten Ritt der Walküren zu Beginn des dritten Aktes kann man eigentlich schon nicht mehr hören. Wem’ s ebenso ergeht, dem seien diese Walküren wärmstens empfohlen:  Gerhilde (Allison Oakes), Ortlinde (Dara Hobbs), Waltraute (Claudia Mahnke), Schwertleite (Nadine Weissmann, die Erda aus dem Rheingold), Helmwige (Christiane Kohl), die beiden Rheintöchter Siegrune (Julia Rutigliano) und Grimgerde (Okka von der Damerau) sowie Rossweisse (Alexandra Petersamer) machen aus diesem Walkürenritt kein wüstes Geplärr, sondern ein wunderbar abgestimmtes Oktett. Keine will sich in den Vordergrund singen, was zusammen einen stimmigen Frauenchor ergibt.

Ja, und Claudia Mahnke haut als aserbaidschanische Prinzessin Fricka ihrem Wotan die gesungenen Worte mächtig und unmissverständlich um die Ohren, sodass dieser gar nicht anders kann, als für Siegmund den Daumen zu senken. Ein Publikumsliebling ist außerdem  Kwangchul Youn, der als finsterer Hunding-Fiesling sowohl als Sänger als auch als Darsteller begeistert.

The same procedure… Kirill Petrenko macht aus dem Gewaltwerk einen Spaziergang, zwingt aber Wagner nicht ins Barocke, sondern legt ihm nur manchmal – zum Beispiel beim Walkürenritt – ein bisschen die Zügel an und verweigert viel Bombast. Hört sich spannend an. Der zierliche Orchester-Leiter wird wieder zurecht bejubelt.

Und die Regie? Harmlos, wie im Vorjahr. Castorf stört schöne Musikmomente mit wenigen Filmeinblendungen und russischen Schriften. Und man erwischt sich, dass man sich – obwohl des Russischen nicht im geringsten mächtig – schon wieder ablenken lässt. Das funktioniert sogar bei dieser Inszenierung nach Alt-Bayreuther Art. -ek


 

festspieleblog.de hat sich Catherine Foster unterhalten. Das Interview gibt’s bald hier zu lesen.

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